Ich hoffe, die Erklärung ist verständlich, denn dieser Formbeleg ist schon eine kleine Herausforderung und verlangt wirklich genaues Arbeiten, sonst ist das Ergebnis nicht schön. Dieser Ausschnittversion kann natürlich auch bei anderen Kleidungsstücken genäht werden. Eines müsst ihr aber unbedingt beachten: der Halsausschnitt dehnt sich nicht, d. h. er muss so weit sein, dass ihr ohne Dehnung hineinschlüpfen könnt!
Als erstes bereitet ihr den Schnitt vor, denn ihr müsst einen Teil der Halsausschnitte wegschneiden. Diese Teile ergeben dann auch gleich euren Schnitt für den Formbeleg. Ich habe bei meinem Strandkleid in Gr. 146 entschieden, den fertigen Beleg 2,5 cm breit zu machen:
Hier markiere ich am Rückenteil die 2,5 cm |
Und hier am Vorderteil |
an den markierten Linien die Belege wegschneiden |
Nun habt ihr die fertigen Schnittteile für den Vorderteilbeleg und den Rückenteilbeleg. Diese legt ihr jeweils im Stoffbruch auf euren Kontraststoff (bei mir der rosa Jersey) und schneidet zwei Vorderteilbelege und zwei Rückenteilbelege im Stoffbruch zu:
Die vier fertigen Belege |
Auf dem nachstehendem Foto zeigen ich euch einen der häufigsten Fehler, die man beim Aufbügeln von Vlieseline auf Formbelege machen kann! Beim ersten Foto seht ihr, dass ich den Vorderteilbeleg ganz glatt auf das Vlieseline gelegt habe - eigentlich könnte ich so aufbügeln. Aber wenn ich dann den Schnittteil auflege, sieht man, dass ich den Beleg doch ein wenig verzogen habe (was bei so dehnbaren Stoffen wie Jerseys ganz rasch gehen kann ohne, dass man es bemerkt!). Würde ich jetzt den Formbeleg im verzogenen Zustand mit Vlieseline fixieren, würde der Ausschnitt dann leider auch fertig verzogen sein - die Teile passen dann einfach nicht mehr exakt zusammen! Deshalb gibt es dafür eine ganz einfache Kontrolle: legt das Schnittteil auf den zugeschnittenen Beleg (die vordere Mitte ist dafür eure Hilfslinie) und zieht den Beleg in die richtige Position - zu sehen am 2. Foto:
klar zu erkennen: der Beleg ist verzogen, obwohl er ganz glatt am Bügeltisch liegt |
nun ist der Beleg in der richtigen Position, und liegt immer noch glatt am Bügeltisch |
Der Schnittteil wird auch auf der anderen Seite zur Kontrolle aufgelegt und der Beleg in die richtige Position gebracht |
Im nächsten Schritt legt ihr den Schnitt auf die zugeschnittenen Belegteile (auf die linke, also mit Vlieseline verstärkte Seite) und markiert mit einem Zauberstift oder Bleistift (ganz leicht aufdrücken, damit die Linie nicht zu dunkel wird) die Nahtlinien:
wichtig für die nächsten Schritte ist die Markierung der schwarzen Linien vom Schnittteil (die helle Linie am Vorderteilbeleg ist nicht notwendig) |
hier liegen die Nahtlinien genau aufeinander |
Vorderteil- und Rückenteilbeleg aufeinander gesteckt |
fertig zusammen genäht! |
Jetzt werden die beiden Belege miteinander verbunden. Dazu steckt ihr beide wieder rechts auf rechts aufeinander und wieder sollen die Schulternähte von Innenbeleg (der Belegteil, der - wenn das Kleid fertig ist - auf eurer Haut liegt) und Außenbeleg (der Belegteil, den man beim fertigen Kleid sieht) exakt aufeinander treffen (ich weiß, ich verwende oft das Wort "exakt" - aber ohne dem geht es hier leider nicht! Und ihr wollt ja einen schönen, fertigen Halsausschnittbeleg haben, oder? ;-))
Außen- und Innenbeleg liegen nun an der Schulternaht exakt aufeinander - feststecken! |
die aufeinander gesteckten Belegteile |
fertig zusammengenäht |
die Spitze am Vorderteilbeleg wirklich als Spitze nähen! |
Schneidet nun die Nahtzugaben gleichmäßig zurück - ihr braucht nicht mehr als 3 - 4 mm. In den Rundungen schneidet ihr die Nahtzugabe zusätzlich bis knapp vor die Nahtlinie ein, damit sie sich schön legen kann.
Und vorne in der Spitze muss die Nahtzugabe auch eingeschnitten werden. Aber aufpassen, nicht die Nahtlinie durchschneiden!
Jetzt kommt auch wieder ein wichtiger Schritt: das Bügeln! Als erstes bügelt ihr einmal kurz über die Nahtlinie. Diesen Schritt empfehle ich vor jedem Bügeln: einmal über die Nahtlinie kräftig mit Dampf bügeln, dann legt sich die fertige Naht viel besser. Grund dafür ist, dass der Ober- und Unterstoff unterschiedlich von der Nähmaschine transportiert werden. Das merkt man so eigentlich nicht, weil es wirklich kaum sichtbar ist. Mit dem Bügeln gleicht ihr das aus und die Nahtzugaben lassen sich viel besser auseinander bügeln.
Dann bügelt ihr so gut es geht die Nahtzugaben auseinander. Arbeitet immer auf einem kleinen Teil der Naht, sonst verdehnt ihr letztendlich doch den Beleg! Dann wendet ihr den Beleg und bügelt die Kante. Dabei entscheidet ihr euch für eine Seite, die euer Außenbeleg (also der Beleg, den man am fertigen Kleid dann auch sieht) wird. Diese Seite wird so gebügelt, dass die Naht einen Milimeter nach Innen schaut, so kann die Nahtlinie nicht vorblitzen:
Die Nahtlinie liegt 1 mm weiter innen |
der fertig gebügelte Beleg |
Damit der Beleg rundherum auch gleich breit wird, markiert ihr mit einer synthetischen Kreide oder einem Zauberstift die fertige Breite auf der Innenseite des Beleges (also auf der Seite, die letztendlich auf eurer Haut liegt):
Meine Schneiderkreiden leiden leider immer an "Runterfalltitis" :-) |
Jetzt benötigt ihr das Kleid. Dort müssen die Schulternähte bereits geschlossen sein. Ich habe für mein Strandkleid herrlich weichen Sommersweat von Lillestoff verwendet. Dieser fällt wunderbar, ist aber eine kleine Herausforderung beim Nähen, da er sich sehr leicht verzieht. Daher habe ich den Halsausschnitt innerhalb der Nahtzugabe (am besten, direkt auf eurer späteren Stepplinie) mit großen Geradstichen einmal rundherum abgesteppt. So verhindere ich, dass sich der Halsausschnitt beim Annähen vom Formbeleg verdehnt bzw. kann ich mit Hilfe des Steppfadens den Halsausschnitt sogar ein bisschen einhalten - aber nicht zu viel am Faden ziehen, sonst habt ihr kleine Fältchen. Gerade soviel, dass der Halsausschnitt genau auf den Beleg passt.
der abgesteppte Halsausschnitt |
Wenn der Beleg festgesteckt ist, näht ihr von der Schulternaht bis zur Spitze hinunter den Beleg einmal fest und nehmt wieder alles aus der Nähmaschine (Anfang und Ende der Naht könnt ihr mit zwei, drei Rückstichen vernähen, dann trennt sich nichts auf).
Dann müsst ihr die Spitze des Halsausschnittes bis zur Naht einschneiden, damit ihr den Beleg auf die andere Seite vom vorderen Halsausschnitt wieder schön bis zur Schulternaht legen könnt. Wieder alles gut feststecken und bis zur Schulternaht festnähen (wer sich traut, kann dann auch gleich die Naht am Rückenteil weiterführen - achtet dabei auf die rückwärtige Mitte von Beleg und Kleid: die sollen wieder aufeinandertreffen!). Wer sich das nicht traut, nimmt das Kleid nach dem Steppen der zweiten, vorderen Naht wieder aus der Maschine, steckt den rückwärtigen Beleg auf den Halsausschnitt und steppt dann mit einer dritten Naht den Beleg fertig auf!
Und jetzt - der finale Gang zum Bügeleisen!
Wenn ihr exakt (hurra, da ist es wieder - mein Lieblingswort *lol*) gearbeitet habt, legt sich der Beleg wunderbar um. Ihr müsst nur die Nahtzugabe nach innen bügeln (Achtung: als erstes wieder ÜBER die Naht bügeln und dann erst umbügeln). Ich habe die Nahtzugabe dann noch mit der Overlock versäubert (ihr nähe und versäubere den Ausschnitt wirklich in zwei Schritten! Mit der Overlock kommt man beim Aufsteppen des Beleges nie so schön zurecht. Daher zuerst mit der Nähmaschine aufsteppen und wenn die Naht passt, versäubern).
Ich habe die Nahtzugaben des Beleges nicht einmal mehr auf dem Kleid absteppen müssen, die Nahtzugaben bleiben auch so wunderbar innen. Außerdem habe ich bei dem Sommersweat Angst, mit einer zusätzlichen Steppnaht den Halsausschnitt wieder auszudehnen.
Tadaaaa - der fertige Halsausschnittbeleg |
Ich weiß, diese Art des Formbeleges ist ein wenig mühsam und erfordert natürlich auch einiges an Übung. Aber es lohnt sich, findet ihr nicht???
Ich hoffe, ich habe alle Schritte ausführlich erklärt und ihr könnt anhand dieser Beschreibung nacharbeiten. Sollte ich das eine oder andere Mal zu schnell einen Schritt erklärt haben oder Ausdrücke verwendet haben, die ihr nicht kennt - bitte eine Email an mich! Ich bin ja gelernte Schneiderin, habe den Beruf vor langer Zeit in der Modeschule gelernt und damals haben wir sicher noch Ausdrücke verwendet, die Hobbyschneiderinnen vielleicht nicht bekannt sind. Daher kann schon mal das eine oder andere Wort unbekannt sein ;-)
Und jetzt seht ihr noch das fertige Kleid an meiner Jüngsten - achtung: Bilderflut :-)
Schnitt: Basic Strandkleid von Ki-Ba-doo
Stoff: Sommersweat in mint-weiß von Lillestoff, Jersey vom örtlichen Stoffgeschäft
Hut: aus dem letzten Sommerurlaub in Kroatien
Schuhe: Deichmann
Ich wünsche euch ganz viel Spaß beim Nachnähen - ich hoffe, ihr kommt mit meiner Erklärung zurecht! Falls ihr noch Fragen habt - ihr findet mich auf Facebook und Instagram! Oder ihr schickt mir eine Email. Ich bin für Anregungen und Kritik wirklich offen, denn das Tutorial soll euch helfen (und nicht verwirren ;-))
Euer
Vielen Dank für die ausführliche Anleitung!!!
AntwortenLöschenAuch wenn mein Bügeleisen und ich auf Kriegsfuß stehen - deine Ausschnittvariante erscheint mir nachahmenswert!
Alles Liebe, Tanja (minimidimami)
Sieht sehr schön aus
AntwortenLöschenAlso ich find's toll erklärt! Superschönes Ergebnis!
AntwortenLöschenDanke!
Lg Mel
Eine ganz exakte Anleitung! Super, vielen Dank.
AntwortenLöschensuper Anleitung,Danke
AntwortenLöschensuper Anleitung,Danke
AntwortenLöschenKlasse. Ein Meisterwerk. Danke für die tolle Anleitung, wird gleich ausprobiert. LG Mandy
AntwortenLöschenDankeschön! Eine wundervolle Anleitung und das süße Kleid ist eine tolle Inspiration! VG Nadja
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